Dienstag, März 21, 2006

Die Fetten Jahre der Sozialhilfeempfänger


Fette Mamas auf Sozialhilfe
oder
Politiker, Manager , Bankiers und andere Sozialhilfeempfänger

Ich hasse Mütter, die Sozialhilfe bekommen. Sie sind faul und träge und wollen dauernd was umsonst. Immer sollen andere für sie sorgen, statt daß sie endlich ihren Hintern hochkriegen und für sich selber sorgen. Immer halten sie die Hand auf. Immer rechnen sie mit einem Geschenk und damit, daß wir normalen, hart arbeitenden, anständigen Steuerzahler dafür geradestehen, wenn sie einen Fehler nach dem anderen machen. Wie lange lassen wir uns dieses Verhalten von Großunternehmen noch gefallen? Jedes Jahr zocken die räuberischen Konzerne in den USA fast 170 Milliarden Dollar Bundessubventionen aus unseren Steuergeldern ab, um Dinge zu tun, die sie eigentlich selbst finanzieren müßten. (Bei diesen 170 Milliarden sind die Vergünstigungen noch nicht mitgerechnet, die sie von den Bundesstaaten und den Städten bekommen.) Jeder von uns zahlt jährlich 1388 Dollar Bundessozialhilfe für die Reichen! Demgegenüber belaufen sich alle echten US-amerikanischen Sozialprogramme zusammengenommen - von der Hilfe für Familien mit abhängigen Kindern (Aid to families with Dependent Children AFDC) über das Mittagessen in der Schule bis zum Wohngeld - auf nur 50 Milliarden Dollar jährlich. Das sind pro Kopf 415 Dollar im Jahr - oder gerade mal 1,14 Dollar pro Tag für jeden von uns. Warum also fällt uns bei dem Wort Sozialhilfe immer zuerst die allein erziehende schwarze Mama ein, die mit einem halben Dutzend Kindern in der Innenstadt lebt? Diese Vorstellung ist nicht nur rassistisch, sondern schlichtweg falsch. Amtlichen Statistiken zufolge ist die Mehrheit der Sozialhilfeempfänger weiß, lebt in einer Vorstadt, hat zwei Kinder, will arbeiten und bezieht im Durchschnitt nur zwei Jahre lang Sozialhilfe. Diese Leute haben schlicht Pech gehabt, aber sie verdienen unsere Achtung und alle Hilfe, die wir ihnen geben können. Es ist leicht, uns gegen einen mythischen Haufen von »Schmarotzern« und »Betrügern« aufzuhetzen, die sich angeblich auf unsere Kosten einen flotten Lenz machen. Besonders in der heutigen Zeit, wo wir selbst nicht mehr wissen, ob wir die Raten für unser Haus noch bezahlen können, bedarf es offensichtlich keiner großen Überzeugungsarbeit, damit wir über die Pechvögel in unserer Gesellschaft herfallen. Vielleicht sollten wir für unsere Wut lieber ein anderes Ziel suchen - zum Beispiel die Wall Street. Warum denken wir nie an Big Business, wenn wir an Sozialhilfeempfänger denken? Unternehmen streichen mehr von unseren Steuergeldern ein als Leute, die ihre Wohnung mit einem Kerosinofen zu heizen versuchen, und sie tun das aus viel fragwürdigeren Gründen. Die Hilfe für abhängige Konzerne (ADC - Aid to Dependent Corporations) nimmt viele Formen an. Ein Gutteil sind direkte Barsubventionen. Andere Formen von ADC sind großzügige Steuererleichterungen und Steuerbefreiungen, in deren Genuß der Normalbürger nicht kommt. Weitere Sozialhilfe wird in Form von kostengünstigen oder kostenfreien staatlichen Gütern und Dienstleistungen ausgeschüttet. Und glaubt mir, die Konzernchefs müssen nicht jeden Monat Schlange stehen, um ranzigen Käse zu ergattern. - 1,6 Millionen Dollar Bundesmittel gingen zwischen 1986 und 1994 an McDonald's, unter anderem, um dem Unternehmen bei der Vermarktung von Chicken McNuggets in Singapur zu helfen. - Westinghouse darf seine Maschinen schneller abschreiben als normale Sterbliche und sparte damit 1993 Steuern in Höhe von 215 Millionen Dollar, während die Firma gleichzeitig 24700 Arbeitsplätze vernichtete. - Die Technik von Amoco, AT&T, Citicorp, DuPont, General Electric, General Motors und IBM wurde zwischen 1990 und 1994 mit 278 Millionen Dollar subventioniert, während dieselben Unternehmen insgesamt 339038 Arbeitsplätze abbauten und allein im Jahr 1994 insgesamt 25,2 Milliarden Dollar Gewinn machten. - Exxon konnte von dem Schadenersatz, den es bezahlen mußte, weil die Exxon Valdez den Prince William Sound mit über 40000 Tonnen Öl verschmutzte, 300000 Dollar von der Steuer absetzen. - Pillsbury erhielt 11 Millionen Dollar, um im Ausland für sein Teigmännchen Werbung zu machen. - Dank spezieller Steuergesetze mußte die Schiffahrtsgesellschaft Royal Caribbean Cruise Lines zwischen 1989 und 1992 auf einen Gewinn von 158 Millionen Dollar keinen Cent Steuern zahlen. - 42 der 500 größten Unternehmen der Welt bezahlten von 1981 bis 1985 keinerlei Einkommensteuer an den Bund, ab 1986 wurden sie gezwungen, eine minimale Steuer zu entrichten. - In allen Staaten dieses Landes werden alle Städte gezwungen, Land zu erschließen, neue Straßen zu bauen, Flughäfen zu modernisieren, auf kommunale Steuern zu verzichten, neue Wasser- und Abwasserleitungen zu bauen und Tausende von Beschäftigten auszubilden. Dies alles nur, weil es, oft unter erpresserischem Druck, von Unternehmen gefordert wird, die Rekordgewinne machen und die genannten Arbeiten problemlos selbst bezahlen könnten. Aber warum sollten sie es auch tun, solange sie Sozialhilfe bekommen? Ist doch in Ordnung, wenn wir Malocher diese Geschenke bezahlen. Warum auch nicht! Wir sind Idioten, und die Konzerne und Politiker wissen es. Zum Teufel, wir haben Reagan wiedergewählt, als die amerikanischen Arbeiter gerade die schlimmste Ausplünderung aller Zeiten erlebten. Aber wir sagten nur: »Weiter so, zieht uns richtig über den Tisch!« Und das taten sie auch. Und wir haben den ganzen verdammten Raubzug bezahlt. Die dreisteste Aktion dieser großindustriellen Schnorrer war ein von 91 Konzernchefs unterzeichneter, an den Präsidenten und den Kongreß gerichteter Brief vom 19. Dezember 1995, der in ganzseitigen Zeitungsanzeigen im ganzen Land veröffentlicht wurde. Die Unterzeichner forderten doch tatsächlich, daß Clinton den Haushalt ausgleichen sollte. Nach über einem Jahrzehnt der Reaganomics, in dem unser Haushaltsdefizit auf fast 300 Milliarden Dollar angestiegen war, und nach einer Zeit, in der die Unterzeichner auf Kosten der Millionen von ihnen selbst entlassenen Arbeiter reich geworden waren, nach alledem hatten sie die Stirn, einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu verlangen! Clinton hätte ihnen noch am selben Abend in einer Fernsehrede mitteilen sollen, sie sollten sich zum Teufel scheren. Stellt euch vor, welchen Jubel das überall in Amerika ausgelöst hätte. Daß diese Konzernchefs es wagten, einen ausgeglichenen Haushalt zu fordern, obwohl einer der Hauptgründe für das Defizit die 170 Milliarden Dollar Sozialhilfe waren, die sie bekamen, geht mir über den Verstand. Ich glaube, es ist an der Zeit, das Wort Sozialhilfe neu zu definieren. Vergessen wir die hart arbeitende Mutter, die sich alle Mühe gibt, mit ein paar Dollar über die Runden zu kommen. Ihr geht es wahrhaftig schon schlecht genug, ohne daß wir ihr mit moralischen Plattheiten auf den Wecker fallen. Ich freue mich, daß ich 1,14 Dollar pro Tag für die Armen bezahlen darf. Ja, ich wäre gern bereit, das Doppelte zu zahlen, damit solche Leute ein Finanzpolster bekommen und einen Weg aus der Armut finden. Ach was soll's, ich würde sogar dreimal soviel hinlegen! Aber wenn ich herausfinde, daß jedes Jahr 1388 Dollar meines hart verdienten Geldes an Konzerne gehen, die Steuern hinterziehen, Arbeitsplätze ins Ausland verlagern, die Umwelt zerstören und obendrein Rekordgewinne einfahren - dann will ich diese Sozialhilfekönige zur Strecke bringen und ihnen sagen, daß in Amerika eine neue Zeit angebrochen ist: Rafft euch endlich auf und findet neue Möglichkeiten, Amerikaner zu beschäftigen, für saubere Luft und sauberes Wasser zu sorgen und euren gerechten Anteil der Steuern zu zahlen - oder wir stecken ein paar Konzernchefs und ihre Spezis in den Knast. Um auf diesem Weg voranzukommen, will ich hier gerne meine Hitliste der schlimmsten Sozialhilfeempfängerinnen vorstellen, die Chefs von den Konzernen, die am meisten Steuergelder aus dem Trog der Bundesregierung verschlingen.

Michael Moore
Aus
Querschüsse
»Downsize This!«